Mittwoch, 23. März 2016












Artikel der Offenbach Post vom 19. März 2016
von Michael Hofmann.

Eine echte Zwickmühle“
Flüchtlingsunterbringung: Stadt lotet Betreibermodelle aus
Seligenstadt - Wie massiv die Welt- in die kommunale Politik hineinwirken kann, das erleben derzeit die Seligenstädter Stadtverordneten und die Rathausverwaltung. Die Stadt soll weitere Flüchtlinge aufnehmen, weiß aber nicht, wie viele im Laufe des Jahres kommen. Von Michael Hofmann

Weil’s kaum noch Unterbringungsmöglichkeiten gibt, rücken Betreiberverträge in den Fokus. Die Investoren verlangen Sicherheiten im Fall von Unterbelegung. Nach bisheriger Lesart muss Seligenstadt mit mindestens 400 Personen in diesem Jahr rechnen, die im Stadtgebiet untergebracht werden müssen. Allerdings sinken derzeit die Zahlen nach dem Schließen der Balkanroute. Dennoch befindet sich die Verwaltung natürlich weiterhin in Verhandlungen mit Investoren, da fast alle Unterkünfte belegt sind. Dabei geht es um Betreiberverträge zur Errichtung und zum Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge.

Dieser Tage ermächtigte der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss nach intensiver Erörterung den Magistrat einstimmig mit der Konkretisierung entsprechender Vorhaben, die Stadtverordnetenversammlung erörtert das Thema am kommenden Montag (Feuerwehrhaus, 19 Uhr). Der Magistrat, so betonte Bürgermeister Dr. Daniell Bastian, wolle bei sich bei einem derartigen Millionen-Projekt die Rückendeckung der Parlamentarier holen. Bislang sei lediglich die Weiterverhandlung vereinbart worden, ein Beschluss stehe noch aus. Zur Disposition stehen drei Objekte:
  • Eine Liegenschaft an der Marie-Curie-Straße 5 im Gewerbegebiet Nordring. Auf einem Gelände neben dem TÜV-Domizil, das in städtischem Besitz ist, soll eine Gewerbehalle mit einem vorübergehenden Innenausbau als Gemeinschaftsunterkunft für 200 Personen entstehen. Die Investoren, eine GbR, möchten das Grundstück kaufen.
     
  • Ein weiteres Gelände Am Sandborn 28 in Froschhausen, auf dem mehrere Gewerbehallen auf dem Grundstück eines Investors errichtet und für 200 Flüchtlinge umgebaut werden könnten.
     
  • Als Alternative zum Sandborn-Projekt fügte Erste Stadträtin Claudia Bicherl in der Ausschuss-Sitzung die Liegenschaft Am Reitpfad 20 in Froschhausen hinzu. Dort könnte eine Unterkunft für 80 bis 120 Flüchtlinge entstehen.
Folgende Rahmenbedingungen sollen gelten: Angepeilt werden Betreiberverträge mit bis zu acht Jahren Laufzeit und einer einseitigen Verlängerungsoption für die Stadt über zwei Jahre. Außerdem soll auf Forderung der Investoren, die die Projekte über Kreditmittel finanzieren wollen, eine 75-prozentige Belegungsgarantie für die Vertragslaufzeit gelten. Die Tagespauschale beträgt 12,50 Euro je untergebrachter Person.
Die Verwaltung, so die Vorlage des Magistrats, strebe mit den Bauherren einen Betreibervertrag an. „Der Betreiber trägt dabei sämtliche Kosten, die mit der Unterkunft verbunden sind, wie zum Beispiel Nebenkosten, Einrichtung, Bettzeug und sämtliche Reparaturkosten.“

An Kosten für je 200 Personen an Marie-Curie-Straße und Sandborn kämen bei voller Belegung mit 400 Flüchtlingen etwa 1,83 Millionen Euro pro Jahr zusammen. Der Betrag müsste sowohl unter den Ausgaben als auch unter den Einnahmen im städtischen Haushalt auftauchen, weil die Stadt die Tagespauschale vom Kreis erhält und an den Betreiber weitergibt. Anders sieht dies aus, wenn die Flüchtlingsströme erheblich abnehmen. In diesem Fall wäre die Stadt verpflichtet, die daraus resultierende Unterbelegung mit einer Art Ausfallbürgschaft abzusichern. Konkret fordern die Investoren eine 75-prozentige Belegungsgarantie. „Das heißt, bei 200 Personen Maximalbelegung wird auf jeden Fall für 150 Personen der vereinbarte Tagessatz bezahlt, auch wenn tatsächlich weniger untergebracht sind.“ Dies bedeutet wiederum, dass die Stadt eventuelle „Restbeträge“ zu Ausgaben von 1,37 Millionen Euro aus städtischen Haushaltsmitteln decken müsste. „Eine schwierige Situation für die Stadt, die sich damit in einer echten Zwickmühle befindet“, so Bürgermeister Dr. Daniell Bastian.
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Dazu ein Kommentar von Hans-Jürgen Heyne
Volkseigentum, oder des Volkes Eigentum
Was will uns das sagen?
Diese Praktiken sind ein Armutszeugnis für die verantwortlichen Politiker in unserer Stadt.

Diese von der Politik viel geliebten Investoren werden immer bevorzugt, wenn es darum geht Entscheidungen treffen zu müssen. Das könnte der Grundtenor des OP-Artikels sein. Die Politik ist nicht in der Lage eigenständig zu entscheiden und danach zu handeln. Jetzt müssen die Investoren wieder für die Flüchtlinge und Asylanten herangezogen werden. Warum sollen diese Personen alles besser machen können als die Politiker?

Wir haben ein Stadtparlament mit vielen Personen, für was leisten wir uns diesen Aufwand? Immer wenn es um etwas geht werden andere Personen beauftragt die Probleme zu lösen. Für viel Geld werden Beratungsfirmen dafür eingestzt. Die politische Riege in Seligenstadt ist zu intensiv mit einer gewissen „Investoren-Gruppe“ verbandelt. Wenn die Politik nicht mehr weiterkommt werden Grundstücke und Immobilien an die Baulöwen verscherpelt. Diese Grundstücksflächen sind Volkseigentum und sollten nicht für derartige Aktionen benutzt werden, wenn man nicht mehr weiter weis. Wie geht es dann weiter, wenn das Tafelsilber alles verkauft ist? Die „Kopfgelder“ für Flüchtlinge und Asylanten werden vom Kreis erstattet und sollen ja auch ausgezahlt werden. Warum wird dieses „Geschäft“ den Investoren überlassen? Es gibt ein sehr trauriges Bild ab, das die Politiker nicht in der Lage sind selbst die Ärmel hochzukrempeln und Nägel mit Köpfen zu machen. 

Eine Aufforderung an die Politiker im Städtchen. Auf geht’s, die Probleme anpacken, ausführen und lösen. Die Verantwortung an Investoren und auf Betreibergesellschaften abzuschieben zeugt nicht von großem Gemeinsinn und Völkerverständigung. Diese humanitären Aufgaben dürfen nicht der Flüchtlings- und Asylanten Industrie überlassen werden. Das ist für den Geschäftszweig der Großbanken und Versicherungskonzerne bereits ein Milliardengeschäft auf Kosten der Steuerzahler geworden. Die Politik muss langsam aufwachen und damit im kleinen beginnen, im wahrsten Sinne des Wortes im kleinen. Also beginnen wir in unserem kleinen Städtchen damit. In einem humanitären Projekt sind die Millionen besser aufgehoben, als in einem zweifelhaften „Stromdeal“ der die Millionen nur verschlingt und am Ende nur ein paar "Hansels" dieser Strom-GmbH einen gewissen Reibach bringt, wiederum auf Kosten der Steuerzahler.
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"Die Politik ist das Paradies zungenfertiger Schwätzer"

Zitat von George Bernhard Shaw, irischer Dramatiker, 1856-1950
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Zu diesem Artikel wurde ein Kommentar eingereicht und hier meine Antwort:


Sehr geehrter Herr Berz,

habe mich über Ihre Anfrage sehr gefreut und möchte Ihnen dazu auch gerne eine Antwort geben. Sie fragten welche Alternative ich vorschlagen würde.
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Mir ging es in dem Artikel vordergründig darum das nicht immer wieder Volkseigentum verkauft wird. Mein Vorschlag wäre eine Lösung in Eigenregie der Stadt. Alle Stadtverordneten sollten gemeinsam auf der Basis einer "Kreislösung" die in Seligenstadt bekanntlich ausgeführt wurde, dieses Projekt beraten, planen und verwirklichen. Der Kreis Offenbach hat doch gezeigt das es möglich ist in kürzester Zeit eine Lösung herbeizuführen. Das Gelände auf dem das Containergebäude in Seligenstadt für die Flüchtlinge errichtet wurde, ist nach wie vor Eigentum des Kreises, wie mir bekannt ist.

Warum muss Volkseigentum an Investoren verkauft werden? Die geplante Einstellung eines Klimamanagers in Seligenstadt könnte umgemünzt werden und dafür ein Beauftragter für Flüchtlingsfragen eingestellt werden. Was soll ein Klimamanager in Seligenstadt? Auch Mitarbeiter für die Betreuung und Verwaltung könnten von der Stadt beschäftigt werden, damit werden Arbeitsplätze geschaffen. Weiterhin darf nicht die viele Arbeit auf die ehrenamtlichen Helfer abgeschoben werden. Für die Unterbringung und Betreuung der Flüchtlinge bekommt die Stadt vom Kreis oder vom Bund die Kosten erstattet, ob das ausreicht ist wieder eine andere Frage. Es sollte aber erst einmal schnellstens geprüft werden, was möglich ist. Die Erträge der Grundstücksverkäufe verpuffen irgendwo im großen Schuldentopf und sind verloren. Damit werden nur die Bilanzen für den nächsten Haushaltsentwurf geschönt. Da kann dann auf gewisse Einnahmen hingewiesen werden, was sich am Ende in Luft auflöst.

Ein Fachmann auf dem Gebiet bin ich nicht, da sollten wir doch kompetende Fachleute haben. Möchte aber mit meinen Artikeln eine gewisse Diskussion anregen. Ob die sogenannten Volksvertreter alles Fachleute sind, das sei auch dahin gestellt. An den Ergebnissen oder Leistungen die uns von diesen vermeintlichen politischen Fachleuten dargeboten werden, könnte manches angezweifelt werden. Nun gut, sie wurden mehr oder weniger von den Bürgern gewählt. Auch ohne Fachwissen?

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jürgen Heyne