Die seltsamen Ansichten eines Turmmännleins
Aufgezeigt von
Hans-Jürgen Heyne
„Nach
den in der regionalen Presse unternommenen Wahlanalysen von
Leserbriefschreibern und Journalisten überlässt das Turmmännchen
die Interpretation der Ergebnisse euch Bürgern“. So
geschrieben in der großen Heimatjournaille vom 16. März 2016.
In der nächsten Zeile hat das Männlein sofort mit einer
eigenen Interpretation (Predigt) weitergemacht. Das ist eine
sofortige Kehrtwendung der vorherigen schriftlichen Aussage. Diese
Wendehalspraktiken des Männleins könnten den Seligenstädter Politikern zu Ruhme
gereichen. Haben doch die "richtigen Stadtverordneten" jetzt einen neuen wahrhaftigen
"Wendehals" in ihren Reihen bergüßen können.
Im weiteren wird ein in Seligenstadt gebürtiger Parteienforscher mit einem früheren Vortrag über das Wahlverhalten im Ort, groß in dieser Heimat-Glosse herausgeputzt:
Zeichnung und Copyright: Hans-Jürgen Heyne |
Und dazu meint das Männlein: „Zum Glück könnte man sagen und hoffentlich bleibt das so“. Und weiter meint das Männlein: „Die Beispiele vergleichbarer Städte im Kreis zeigen, der Aderlass für das bürgerliche Lager wäre auch hier wohl noch größer gewesen, hätte die AfD kandidiert“. Da könnte das Männlein recht haben. Zetzt muss das Männlein aber wirklich gefragt werden, wie diese Aussage gemeint ist? Werden damit demokratische Wähler anderer Parteien dem Aderlass am bürgerlichen Lager in Seligenstadt beschuldigt, die nicht die CDU gewählt haben? Selbst dieser kleine Wicht auf dem Turm hat doch tatsächlich die erstarkte AfD entdeckt und meint, er müsse sie gleich von da oben bekämpfen.
Zu
der Aussage des Parteienforschers: „Von der Kaiserzeit
und so weiter ...“, noch
ein Einwand. Nach Meinung des Forschers war es demnach damals auch richtig, das die Seligenstädter
Bürger zwischen 1933-1945 die Große Volkspartei der
Mitte, die NSDAP gewählt haben
und mit großen Mehrheiten ausgestattet haben.
So ist doch die Ausage des Professors zu verstehen. Oder hat das Männlein die Aussage des Parteiexperten etwas geschönt? In Seligenstadt hat man schon immer gerne gejubelt, damals war es
halt das HEIL-HITLER-JUBELN. Auch diese speziellen Wahlen waren doch wirklich in dieser Zeitspanne die vom Parteien-Professor
angegeben wird, vom Kaiserreich bis zur Jahrtausendwende.
Hat der Parteienforscher auch das braune Kapitel in seinem Vortrag
behandelt? Es ist vom Männlein
leider nicht überliefert worden. Das beschauliche Städtchen war in
dieser Zeit eine braune Hochburg, das ist überall bekannt. Der Abschnitt der braunen
Geschichte wird in Seligenstadt
zu gerne ausgeklammert. Auch damals will es wieder keiner gewesen
sein. Wer hat denn die Nazis gewählt? Niemand war es, aber bei dem
Synagogen abbrennen
waren sie alle wieder vorne mit dabei. Eine schöne
bürgerliche und etablierte Gesellschaft
war das damals in unserem Heilen Städtchen, wobei das mit dem „Heil“
etwas später Geschichte geworden ist. Nach Kriegsende wollten diese
braunen Figuren wieder
etabliert sein und haben ganz schnell das braune Mäntelchen
ausgezogen. Einige sollen sich schwarze Jacken darüber gehängt
haben und wurden bürgerlich. Nun war plötzlich alles wieder in Ordnung im neu erwachten beschaulichen
Seligenstadt am Main. Daher kam wahrscheinlich der schöne Spruch: "Deutschland erwache", oder so.
Wer
oder was ist eigentlich das bürgerliche Lager
von dem immer gesprochen oder geschrieben wird? Da gibt es nur eine Erklärung, das
sind die bekannten großen Parteien, die eine verfehlte Politik betrieben und
alles in den Sand gesetzt haben. Dadurch ist diese böse Partei AfD
erst so stark geworden. Könnte sein das wir in Seligenstadt
auch noch eine AfD wählen dürfen, es dauert noch ein
kleines Weilchen. Dann müssen sich die bürgerlichen und
etablierten Parteien aber warm anziehen. Das wird natürlich dem
Turmmännlein da oben nicht so rechts gefallen. Noch
eine Frage an das Männlein auf dem Turm. Gehören die Seligenstädter
FDP- und FWS Wähler ebenfalls zu den „Deppen“ die
den „Seligenstädter Aderlass“ unserer bürgerlichen
Parteien mit zu verantworten haben? So könnte die Aussage des Männleins gedeutet werden.
Es
ist leider nicht bekannt, wer den Text des Turmmännleins
immer gestaltet. Es wäre aber schön wenn die Seligenstädter
Bürger wüssten wer der Verursacher der Texte wäre. Bei
Leserbriefen wird immer darauf hingewiesen das anonyme Texte nicht
veröffentlicht werden. Warum darf Männlein anonym bleiben?
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Noch
ein kleiner Nachtrag zur Seligenstädter Geschichte.
Entlang
der historischen Stadtmauer am Main, kommt man zu den Resten des
Palatiums, der staufischen Kaiserpfalz, die Kaiser Friedrich
Barbarossa Ende des 12. Jahrhunderts errichtet haben soll. Nach dem
Niedergang der Staufer diente das „rote Schloss“ den Bürgern als
Steinbruch für andere Bauwerke, lediglich die Ostfassade
überdauerte, da sie in die spätere Stadtmauer integriert wurde.
Die
historische Ruine der Kaiserpfalz am Main wurde nach 1938
restauriert. Was selten erwähnt wird ist die Tatsache das der Umbau,
wie wir ihn heute bewundern dürfen von den damaligen Führungskräften
der Nazi-Verwaltung in unserem Städtchen veranlasst wurde. Das ist
in dieser Form nichts ehrenrühriges, war es doch ein historisches
Gebäude. Der sogenannte Wiederaufbau des Palatiums, diente
allerdings fortan den beliebten Naziaufmärschen die in diesem Umfeld
veranstaltet wurden. Aus dieser Zeit gibt es noch ein paar Bilder,
mit viel Fahnenschmuck am Palatium, herrlich an zu schauen. Das wird
allerdings etwas verheimlicht im Städtchen. Jedenfalls sieht man aus
dieser Epoche wenig Bildmaterial im Umlauf. Das passt nicht in
diese, unsere HEILE WELT. Von den "Heimatverbundenen-Geschichtspflegern" wird diese geschichtsträchtige braune Episode gerne ausgeklammert, nach dem Motto: "Seligenstadt war ein sauberes Städtchen" (hj)
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Wenn
Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.
(Bertold
Brecht)
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